Thomas Lüchinger & Sandro Heule

Preisträger:in

2023

Die Rheintaler Kulturstiftung verleiht jeweils Anfang November den Kulturpreis «Goldiga Törgga». Heuer geht er an den Filmemacher Thomas Lüchinger. Jedes zweite Jahr kommt ein «Grüana Törgga» dazu – ein Preis für den künstlerischen Nachwuchs. Er geht dieses Jahr an den Musiker Sandro Heule.

Der jüngste Dokumentarfilm von Thomas Lüchinger feierte Anfang Jahr Weltpremiere an den Solothurner Filmtagen. «Sound and Silence» ist die Geschichte von Toshio (72) und Shizuko (75) Omiro, einem Musiker-Paar aus Japan, das bis ins hohe Alter mit ihrer Musik im Bereich Improvisation und Punk ihre Weltanschauung zum Ausdruck bringt, privat wie beruflich selbstbestimmt und visionär ein Leben ohne Anpassung an Konventionen und Erwartungen lebt und sich der Vergänglichkeit des Lebens stellt.

Mit Empathie und Achtsamkeit
Thomas Lüchinger ist zufällig auf die beiden gestossen und wusste, dass er mit ihnen einen Dokumentarfilm drehen wollte. Es gelingt ihm, trotz der Erschwernisse während der Covid-Zeiten und dem plötzlichen Tod von Shizuko, das Filmprojekt mit eingeschränkten Möglichkeiten zu Ende zu führen.

Während der Covid-19-Zeit entsteht zudem der Film «Zuversicht». Er dokumentiert, wie Menschen mit schweren Schicksalsschlägen umgehen ohne zu verzweifeln. Weitere Filmtitel sind «Paths of Life» (2020), «Being There – Da Sein» (2016) oder «Johle und Werche» (2006), ein Film über die Welt des Toggenburger Naturjodels und den Komponisten und Musiker Peter Roth.

Mit «Schritte der Achtsamkeit», einer filmischen Begleitung des vietnamesischen Zen-Meisters Thich Nhat Hanh durch Indien, startete der Oberrieter 1999 nach Jahren als Kunstpädagoge und Lehrer für bildnerisches Gestalten an verschiedenen Schulen seinen Weg als Dokumentarfilmer – auf Anhieb erfolgreich und eigenwillig.

Vom Lehrer zum Dokumentarfilmer
Thomas Lüchinger ist 1953 in Oberriet geboren und aufgewachsen; er lebt heute in Rehetobel. Dass er Künstler und Filmemacher werden will, wusste er schon früh. Er liess sich erst zum Lehrer ausbilden, studierte anschliessend an der Schule für Gestaltung in Luzern Kunstpädagogik und arbeitete unter anderem an der Kantonsschule Heerbrugg, aber auch an der Schule für Gestaltung Zürich, an der Kunstschule F&F Zürich, der ETH Zürich und später als Dozent für Fachdidaktik Kunst an den Pädagogischen Hochschulen St.Gallen, Luzern und Zug. Er hat sowohl als Kunstpädagoge als auch als Filmproduzenten verschiedene Fachbücher publiziert. Seit Ende der 1990er-Jahre als Dokumentarfilmer unterwegs, erzielt er immer wieder grosse Erfolge. Seine Filme zeichnen sich aus durch eine eigenständige, liebevolle und dem Zufall vertrauende Herangehensweise. Neugierde einerseits und Achtsamkeit andererseits gegenüber Mensche in oft herausfordernden Situationen bringen seine Filme immer wieder nah an das Wesentliche des Lebens. Mit dem «Goldiga Törgga» wird Thomas Lüchinger als langjähriger Filmschaffender, Publizist und Kunstpädagoge geehrt und sein Gesamtschaffen gewürdigt.

Bassist mit Engagement fürs Rheintal und den Austausch
Mit dem «Grüana Törgga» wird der Musiker Sandro Heule ausgezeichnet. Seit seiner Ausbildung an der Musik-Akademie der Höheren Fachschule in St.Gallen sucht er in unterschiedlichen Formationen und Projekten immer wieder neue Anregungen und Herausforderungen. Jüngst sind es der musikalische Austausch und verschiedene Auftritte mit der experimentierfreudigen Posaunistin Josephine Nagorsnik aus Bern. Sandro Heule bezeichnet sich selbst als «Ausprobierer», der sich nicht allein über die Musik definiert. Der Bassist, Soundtüftler und Kulturaktivist, liebt die Improvisation, elektronische Experimente, groovelastige Musik und den Liveauftritt – sowohl Solo als auch in verschiedenen Bands. Für das Diplom-Konzert an der Jazz-Schule war es elektronsicher Jazz mit «Vier im Baum». Weitere ausgewählte vergangene und aktuelle Formationen, in denen Sandro Heule mitwirkte oder mitwirkt, sind «Scrambled Beats», «Subito Zeitlos», das «Chuchchepati Orchestra», «Bademeister» (Experimental Techno), «Karl Kave & Dead Kommander»,  «Sika Lobi» (Soul, Pop, Jazz) und das «Nicole Durrer Quartett».

Vorliebe für Nischen
Immer wieder tritt Sandro Heule auch als Vernetzer und als Organisator von Projekten auf. Seit 2021 ist es die Veranstaltungsreihe für aktuelle Musik «Amboss & Steigbügel» an wechselnden Orten wie dem Palace oder dem Perronnord in St.Gallen. Schon davor organisierte er spezielle Veranstaltungsreihen für Gambrinus Jazz, «Jazz Stickerei», Jazzjam in der Reblaube in Heerbrugg oder Programme für verschiedene Festivals. Nicht nur experimenteller Sound, auch experimentelle Orte gehören zu seinen Interessensgebieten und zu seinem Engagement, etwa mit «Impro-Fahrt» vor dem Stellwerk Heerbrugg 2021 oder die vorübergehende Nutzung der Räume für interdisziplinäres Zusammenspiel im Viscose-Areal in Widnau. Zudem engagiert er sich als Lehrer für E-Bass und Bandworkshop unter anderem an der Musikschule Unterrheintal (MiZ).

Im Rheintal sieht Sandro Heule ein grosses Potential für Kulturschaffende aus den übersättigten Städten. Mit dem «Grüana Törgga» werden seine ausserordentlichen Fähigkeiten sowohl als junger Musiker und Soundtüftler als auch als Vernetzter, Organisator und Kurator von neuen Formationen ausgezeichnet. Mit seinen eigenen Klängen oder mit von ihm organisierten Konzerten gibt er der Ostschweizer Musikszene und dem Rheintal immer wieder frische Impulse. Sandro Heule ist 1984 in Widnau geboren und aufgewachsen, lebte nach der Ausbildung für einige Jahre in St.Gallen und ist heute wieder in Widnau zuhause.